Die Nachfolge Christi - Thomas von Kempen
Auszug aus der Imitatio Christi - Nachfolge Christi

Sobald der Mensch etwas begehrt, was gegen die Ordnung (Gottes) verstößt, erfasst ihn sogleich Unruhe. Hochmütige und Geizige kennen keine Ruhe, der Arme im Geist und der Demütige leben im vollen Frieden.
Wer sich noch nicht gänzlich abgestorben ist, gerät leicht in Versuchung, er strauchelt über die geringsten Kleinigkeiten. Ein Mensch von schwachem Geist, der noch irgendwie dem niederen Menschen und dem Sinnenhaften zugeneigt ist, kann sich nur schwer von den irdischen Wünschen völlig loslösen. Er wird oft traurig, wenn er sich ihnen entzieht, und wird leicht zornig, wenn ihm einer in den Weg tritt.
Hat er aber erreicht, was er begehrt, drückt ihn sogleich der Vorwurf des Gewissens, weil er seiner Leidenschaft folgte, die ihm nicht zu dem gesuchten Frieden verhilft. Wahren Herzensfrieden findet man nur im Kampf gegen die Leidenschaften, nicht aber darin, dass man ihnen nachgibt.
In einem irdisch gesinnten Herzen, das sich an äußere Dinge verliert, ist kein Frieden, wohl aber in einem Menschen von Geist und Glut (Gottes).






