Der Sinn des Leidens

Rudolf Steiner auf die Frage nach dem Sinn des Leidens
FRAGE: Über den Sinn des Leidens
GA 110 (182) "Leiden ist eine Begleiterscheinung der höheren Entwickelung. Es ist das, was man nicht entbehren kann zur Erkenntnis.
Der Mensch wird sich einst sagen: Was mir die Welt an Freude gibt, dafür bin ich dankbar. Wenn ich aber vor die Wahl gestellt werde, ob ich meine Freuden oder meine Leiden behalten will, so werde ich die Leiden behalten wollen; ich kann sie nicht entbehren zur Erkenntnis.
Jedes Leiden stellt sich nach einer gewissen Zeit so dar, daß man es nicht entbehren kann, denn wir haben es als etwas in der Entwickelung Enthaltenes aufzufassen. Es gibt keine Entwickelung ohne Leiden, wie es kein Dreieck ohne Winkel gibt.
Wenn der Christus-Einklang erreicht sein wird, werden wir erkennen, daß zu diesem Einklang alle vorangegangenen Leiden notwendige Vorbedingung waren. Damit der Christus-Einklang da sein kann, muß das Leid da sein; es ist ein absoluter Faktor in der Entwickelung.
Dadurch, daß der Mensch die Egoität überwindet, kommt er über die Stimmung des Bedrückt- und Gelähmtseins hinweg. In diesem Phänomen kann man etwas sehen, was gut ist: Kraft aus der Unzulänglichkeit. Gott sei Dank, daß ich durch eine unzulängliche Tat, das heißt deren Mißerfolg, ermutigt werde, weiter zu handeln! Das Menschenstreben ist kein unbestimmtes Glückslos.
Unerlöst bleibt nur der, dessen freier Wille sich abwendet von der Bestimmung des Menschenwesens. In der Synthese des Weltenprozesses ist das Leid ein Faktor."
Rudolf Steiner -Eine Fragebeantwortung-






